Der Grüne Star

(Glaukom)

Das Glaukom (genannt - Grüner Star) ist eine der häufigsten Erblindungsursachen, sowohl in den Industriestaaten als auch in den Entwicklungsländern.

Warum Vorsorgeuntersuchung?

Rund 500.000 Bundesdeutsche leiden an einem erhöhten Augeninnendruck, 10 Prozent davon droht die Erblindung, die Dunkelziffer in diesem Bereich ist sehr hoch. Man nimmt an, dass in Deutschland insgesamt etwa 1 Million Menschen von einem Glaukom betroffen sind. Darum ist eine Glaukomvorsorge so wichtig und sinnvoll!

Zur Vorsorge sind regelmäßige Untersuchungen beim Augenarzt erforderlich. Es ist das Ziel, die Erkrankung noch vor einer funktionellen Beeinträchtigung im Frühstadium zu erkennen. Durch rechtzeitige Behandlung kann ein Fortschreiten und letztendlich die Erblindung in den meisten Fällen verhindert werden. Insbesondere ab dem 40. Lebensjahr sollte die Vorsorgeuntersuchung jährlich durchgeführt werden. Eine frühere Vorsorgeuntersuchung kann angezeigt sein, wenn ein oder mehrere Risikofaktoren vorliegen (s.u.).

Wie definiert sich das Glaukom?

Kennzeichen der unter diesem Begriff zusammengefaßten Krankheitsbilder ist in den meisten Fällen eine Störung des Kammerwasserabflusses bei normaler Kammerwasserproduktionsrate. Die daraus resultierenden Augeninnendruckwerte können zu strukturellen Schäden führen.
Charakteristisch ist ein kontinuierlicher Verlust von Nervenfasern, was am Sehnervenkopf (Papille) bei fortgeschrittenem Krankheitsverlauf als zunehmende Aushöhlung (Exkavation) sichtbar wird. Die Folge sind charakteristische Gesichtsfeldausfälle = Seitenblick (sog. Skotome) und im Extremfall eine Erblindung des Auges. Als wichtigster Risikofaktor wird ein relativ zu hoher Augeninnendruck angesehen.

Welche Risikofaktoren gibt es für die Entstehung eines Glaukoms?

Risikofaktoren sind:

  • Erhöhter Augeninnendruck
  • Genetische Veranlagung: Sind ein oder gar mehrere enge Verwandte erkrankt, liegt eine “familiäre” Belastung, eine der wichtigsten Risikofaktoren des Glaukoms vor.
  • Hohes Lebensalter
  • Hohe Kurzsichtigkeit oder Weitsichtigkeit
  • zu hoher oder zu niedriger Blutdruck, stark schwankender Blutdruck
  • Durchblutungsprobleme (Vasospasmen) an den Gliedmaßen (kalte Hände oder Füße), Migräne oder Tinnitus können ein Hinweis auf
  • Durchblutungsstörungen des Sehnerven sein,
  • Ethnische Gruppe, d.h. Dunkelhäutige haben ein bis zu fünf Mal höheres Risiko als Weiße

Wie wird ein Glaukom diagnostiziert?

Nur die Messung des Augeninnendrucks genügt nicht für die Diagnosestellung bzw. den Diagnoseausschluss des Glaukom. Erst eine Vielzahl von Untersuchungen ermöglicht eine genaue Diagnose.
Zu diesen Untersuchungen gehören:

  • Beurteilung des Sehnervenkopfes im dreidimensionalen Bild: Das Ausmaß der Schädigung des Sehnervens wird anhand der Größe und Form der Papillenexkavation (Aushöhlung des Sehnervenkopfes) bestimmt. Im rot-freien Licht können Defekte der Nervenfaserschicht gefunden werden.
  • Die Kammerwinkeluntersuchung (Gonioskopie) zur Beurteilung der Abflußverhältnisse
  • Die Messung der Hornhautdicke (Pachymetrie), da aus neueren Forschungsergebnissen bekannt ist, dass ein Zusammenhang zwischen Hornhautdicke und Höhe des Augeninnendrucks besteht. Glaukompatienten haben häufiger eine dünnere Hornhaut, weshalb mit den herkömmlichen Methoden ein zu geringerer Augeninnendruck gemessen wird. Bei einer dickeren Hornhaut schätzt der Augenarzt den Druck hingegen zu hoch ein. Die Pachymetrie kann entweder mit einem optischen Gerät oder mit einem Ultraschall erfolgen.
  • Da der Augeninnendruck im Tagesverlauf schwankt, können mehrere, über den Tag verteilte Messungen sinnvoll sein (Tagesdruckprofil).
  • Neuere Untersuchungsgeräte (HRT, GDx, ) erfassen reproduzierbar den Grad der Schädigung, auch an Frühschäden und sind somit für die Frühstadien und für Verlaufskontrollen eine diagnostisch sehr sinnvolle und gute Hilfe.
  • Gesichtsfelduntersuchungen (Perimetrie): Gesucht wird nach charakteristischen, bogenförmigen Ausfällen (Skotomen).

Welche Glaukome unterscheidet man?

Nach der anatomischen Form des Kammerwinkels lassen sich Offenwinkel- und Engwinkel-Glaukome unterscheiden. Unter dem Kammerwinkel versteht man den Winkel zwischen Hornhautrückfläche und Irisvorderfläche. Im Kammerwinkel befindet sich das so genannte Trabekelwerk. Durch dieses hindurch verlässt das Kammerwasser das Auge.

Im Ziliarkörper des Auges wird das Kammerwasser produziert und in die hintere Augenkammer des Auges abgegeben. Es gelangt durch die Pupille in die vordere Augenkammer und fließt durch ein Trabekelwerk über den so genannten Schlemm-Kanal ab. Durch das so gegebene Verhältnis von Kammerwasserproduktion zu Kammerwasserabfluss entsteht der Augeninnendruck. Der normale Augeninnendruck liegt zwischen 10 mmHg und 21 mmHg, Schwankungen im Tagesverlauf um bis zu 5 mmHg sind normal. Ältere Menschen haben einen durchschnittlich höheren Augendruck als jüngere.

Offenwinkelglaukome sind weit häufiger und verlaufen meist chronisch und unbemerkt für den Patienten, während die selteneren Engwinkelglaukome zum schmerzhaften Glaukomanfall führen können, bei dem unbehandelt innerhalb kurzer Zeit eine akute Erblindung droht.
Die Gesichtsfeldausfälle (Skotome) beim Offenwinkelglaukom machen sich oft erst spät bemerkbar, weil sie außerhalb der Mitte beginnen und die Ausfälle durch den Seheindruck des anderen Auges überdeckt werden.

Differenziert werden außerdem primäre und sekundäre Glaukome, die infolge anderer Augen- oder Allgemeinleiden auftreten.
Als primäre Offenwinkelglaukome werden Offenwinkelglaukome bezeichnet, die nicht als Folge einer anderen Augenerkrankung auftreten.

Glaucoma chronicum simplex, synonym: Primär chronisches Glaukom

Es ist die häufigste Form des Glaukoms und tritt typischerweise ab dem 40. Lebensjahr auf, kann jedoch auch schon früher beginnen. Eine familiäre Häufung, d.h. eine genetische Komponente, ist bekannt. Hierbei kommt es zu einer Abflussbehinderung direkt im Abflussbereich des Kammerwinkels durch degenerative Veränderungen. Der Augeninnendruck erhöht sich über Jahre hinweg langsam und symptomlos für den Betroffenen.

Ein besonderer Fall ist das Normaldruckglaukom, eine spezielle Form des Glaucoma chronicum simplex. Beim Normaldruckglaukom (fälschlicherweise auch als Niedrigdruckglaukom bezeichnet) tritt eine fortschreitende Sehnervschädigung trotz überwiegend scheinbar normaler Augeninnendruckwerte auf. Die per Definition im Normalbereich liegenden Augeninnendruckwerte sind für den Betroffenen relativ zu hoch. Durch verschiedene Faktoren wird die lokale Durchblutung am Sehnervenkopf eingeschränkt, wodurch die Sehnervenfasern ebenfalls geschädigt werden.

Angeborenes Glaukom, synonym: juveniles Glaukom, kongenitales Glaukom

Durch Entwicklungsstörungen des Kammerwinkels bedingt kommt es zu einer Abflussstörung des Kammerwassers. Dies kann in Kombination mit anderen Fehlbildungen des Körpers auftreten. Die Erhöhung des Augeninnendrucks kann zu einer ein- oder beidseitigen Vergrößerung des Augapfels führen. Der Verdacht eines angeborenes Glaukom macht eine frühzeitige abklärende Untersuchung erforderlich, d.h. Augendruckmessung und ggf. Operation in Narkose , um eine dauerhafte Sehverschlechterung zu verhindern.

Engwinkelglaukom

Das Engwinkelglaukom entsteht durch eine Abflussstörung des Kammerwassers als Folge engen Kammerwinkels (s.o.). Das Ausmaß der Verengung kann schwanken z.B. durch die Veränderung der Pupillenweite und damit der Dicke der Iris. Durch die Abflussstörung kommt es periodisch oder ständig zu einem erhöhten Augeninnendruck, der schließlich zur Sehnervenschädigung führt. Gefährdeter sind Menschen mit einer höheren Weitsichtigkeit – Hyperopie (wegen des relativ spitzen Kammerwinkels) , aber auch ein fortgeschrittenem Grauer Star (wegen der dicken Augenlinse) kann ein Risikofaktor darstellen. Pupillenerweiternde Mittel, z.B.anticholinerg wirkende Medikamente wie einige Antidepressiva oder Antiemetika können über diesen Mechanismus einen Augendruckanstieg bewirken und bis zum Glaukomanfall führen.

Glaukomanfall (Primäres Winkelblockglaukom)

Darunter versteht man eine anfallsartige ausgeprägte Augeninnendrucksteigerung bei plötzlicher Verminderung des Kammerwasserabflusses aufgrund einer Verlegung des Kammerwinkels durch die Regenbogenhaut (Winkelblock). Der akute Winkelblock führt zu einer drastischen Druckerhöhung bis zu mehr als dem dreifachen der Norm. Häufig tritt ein plötzlicher Sehverlust des betroffenen Auges ein. Meistens ist nur ein Auge betroffen. Der Anfall kann nach wenigen Stunden spontan abklingen und in Abständen wiederkehren aber auch - unerkannt - über Tage anhalten.
Begleitsymptome können sein: starke Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen teilweise mit Herzrhythmusstörungen und Sehen von Farbringen im Gegenlicht. Es handelt sich hierbei um einen Notfall, der umgehend augenärztlich versorgt werden muß.

Sekundäre Glaukome

Es handelt sich hierbei um Offenwinkelglaukome, die durch andere Erkrankungen des Auges verursacht werden. Dies ist der Fall bei Verletzungen oder Entzündungen des Auges , intraokularen Tumoren, bei Gefäßneubildungen im Kammerwinkel z.B. infolge eines Diabetes mellitus.

Wie wird das Glaukom behandelt?

Im Mittelpunkt aller therapeutischer Möglichkeiten steht das Ziel der Senkung des Augendrucks. Therapieziel ist also das Verhindern eines Fortschreitens der Erkrankung, denn aufgetretene Schäden wie Gesichtsfelddefekte sind nicht wieder rückgängig zu machen.

Hier stehen in erster Linie Augentropfen als drucksenkende Medikamente zur Verfügung.
Der Zieldruck, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern, ist individuell unterschiedlich hoch und muss im Krankheitsverlauf durch engmaschige Kontrollen erst individuell gefunden und durch eine angemessene Behandlung dann möglichst dauerhaft unterschritten werden. In bestimmten Fällen ist eine internistische Mitbehandlung angezeigt, um z. B. nächtliche Blutdruckabfälle zu erkennen.

Werden Augentropfen zur Augendrucksenkung nicht mehr vertragen oder führen diese keine ausreichende Augendrucksenkung herbei, stehen verschiedene augendrucksenkende Operationsverfahren zur Verfügung.

Welche Wirkstoffe stehen zur Verfügung?

Es stehen verschiedene Substanzen zur Verfügung, die überwiegend als Augentropfen verabreicht werden:

  • Beta-Blocker
  • Cholinergika (Carbachol, Pilocarpin)
  • Alpha- Sympathikomimetika (Brimonidin, Clonidin)
  • Carboanhydrasehemmer lokal als Augentropfen (Brinzolamid, Dorzolamid) und systemisch als Tabletten
  • Prostaglandine lokal als Augentropfen (Latanoprost, Travoprost, Bimatoprost, Tafluprost)

Die oben genannten Medikamente können auch kombiniert werden. Zur einfacheren Applikation sind auch Kombinationspräparate verfügbar.
Bei Sekundärglaukomen kann zusätzlich die Therapie der Grunderkrankung erforderlich sein.

Welche drucksenkenden Operationsverfahren gibt es?

  • Zyklophotokoagulation/ Laserzyklodestruktion: Verödung des Ziliarkörpers, der das Kammerwasser bildet und gleichzeitig Ausbildung von Narben, durch die das Kammerwasser abfließen kann. Der Eingriff kann von außen, oder endoskopisch innerhalb des Augapfels durchgeführt werden.
  • Argonlasertrabekuloplastik: Verbesserung des Abflusses durch Laseranwendung am Kammerwinkel- nur noch selten angewandt
  • Neodymin-YAG-Laseriridotomie zur Verbesserung der Kammerwasserpassage von der Hinterkammer in die Vorderkammer bei engem Kammerwinkel. Das gleiche Ergebnis wird erreicht durch die chirugische Iridektomie (Eröffnung der Regenbogenhaut bei einer Engwinkelsituation).
  • Goniotrepanation und Trabekulektomie: An der Lederhaut (Sklera) Schaffung einer Abflussfistel aus der Augenvorderkammer unter die Bindehaut . Bei bestimmten Patienten kann es sinnvoll sein, dass die Fistel nur bis zum Schlemm-Kanal und nicht bis in die Vorderkammer reicht (Visko-Kanalostomie).
  • Zusätzlich kann der Augeninnendruck nach Durchführung einer Linsenoperation sinken. Durch Entfernung der oft voluminösen und die Iris nach vorne drückenden Linse kommt es zu einer Vertiefung der Vorderkammer und Aufweitung des Kammerwinkels
  • Setzen von Implantaten in das Abflußgebiet, welche den Kammerwasserabfluß erleichtern